Musikzentrum im Kreativquartier ViktoriaQuartierBochum
DIE MUSIK IM ZENTRUM
Zur Idee
Der Neubau der Spiel-und Probestätte für die Bochumer Philharmoniker verbindet sich mit der Marienkirche zu einer wahrnehmbaren Einheit, ohne die solitären Eigenschaften beider Häuser zu leugnen. Der südlich gelegene Baublock wird vervollständigt und bildet den Abschluss des neu definierten Marienplatzes. Hier entwickelt sich das Musikzentrum als „solitäres Ensemble“ – die Freistellung unterstreicht die Bedeutung des Stadtbausteins für Bochum und das Viktoriaquartier.
Es entsteht ein Haus ohne Rückseiten – ein Gebäude-Ensemble, dass sich nach allen Seiten offen und einladend zeigt. Die Lage des Neubaus bildet im Zusammenspiel mit der Kirche sehr selbstverständlich zwei Platzsituationen aus – den Vorplatz an der Viktoriastraße mit Haupteingang ins gemeinsame Foyer und den Kirchplatz mit Nebenzugang. Hier führt eine großzügige Freitreppe auf den Stadtbalkon, der Szene ist für Open Air Veranstaltungen und interessiert macht, die „Musikinsel“ aus einer anderen Ebene zu erfahren. Er bietet Blickbeziehungen in das Saalfoyer, den Kirchenraum und über ein großes Oberlicht in das Eingangsfoyer. Gleichzeitig dient er als Pausenfläche für das Publikum beider Säle. Der Stadtbalkon hilft Schwellenängste abzubauen und ist integrativer Bestandteil des Musikzentrums, ..„das – über die Nutzung des Konzertsaals und des Multifunktionssaals hinaus – in seiner Gesamtheit zu bespielen sein wird…“.
Die Spielstätten
Das Foyer
Das Zentrale Eingangsfoyer öffnet sich weit verglast auf den neuen Vorplatz an der Viktoriastraße. Es ist verbindendes Element von Kirche und Saalbau - großer Saal (unteres Parkett), kleiner Saal und Mehrzwecksaal können von hier aus ebenen gleich erschlossen und bei Großveranstaltungen zu einem räumlichen Kontinuum zusammengeschaltet werden. Gleichzeitig bietet sich der Raum für Veranstaltungen und als Spielstätte z.B. für musikalische Matineen an. Die Offenheit des Foyers strahlt in den Stadtraum und macht interessiert, sich dem Haus zu nähern und sich ggfs. an den Events zu beteiligen. Die Aufforderung zum Mitmachen wird verstärkt durch das Dachfenster, das von innen Blicke auf den Kirchturm freigibt und gleichermaßen Sichtkontakt vom Stadtbalkon ins Foyer erlaubt.
Der große Saal
Das Saalvolumen ist in die ihn umgebenden Foyerebenen eingestellt und aus dem Stadtraum in seiner geometrisch einfachen und klaren Form erlebbar. Die „Schuhkartonform“ bietet die Voraus-setzung für gute Hör- und Sehbedingungen für Musiker, Dirigenten und Publikum.
Der große Saal fasst ca. 1000 Publikumssitzplätze. Sie sind verteilt auf das Parkett, ein erhöhtes Parkett und zwei Ränge. Hinter der Bühne liegt die Chorempore, die wahlweise vom Publikum, oder einem Chor bespielt wird. Die Organisation des Saals über vier Ebenen erzeugt - im Zusammenspiel mit den warmen Holztönen der Wände - eine sehr dichte und familiäre Atmosphäre, in der das Konzert zum Hör- und Sehereignis wird. Neben den Platzflächen der Eingangsebene bietet der Stadtbalkon Raum für den Pausensekt und fördert die Kommunikation der Konzertbesucher mit dem
umgebenden Stadtraum. ( Raumakustik siehe Akustisches Konzept )
Der Multifunktionssaal
Der Multifunktionssaal in der Marienkirche liegt ebenen gleich mit Eingangsfoyer und dem Parkett des großen Saals. Er ist als Haus-in-Haus konzipiert, die akustisch wirksame Trennwand liegt in der Stützenebene. Aufwendige Arbeiten an der Kirchenwand/an den Kirchenfenstern im Sinne des Schallschutzes können vermieden werden. Die Seitenschiffe werden zur Foyerzone. Analog zum neuen Haus kann der Multifunktionssaal umlaufen werden, der Auftritt der Musiker und die Lage der Bühne ist frei wählbar. Zwei Treppen führen auf die Empore mit Austritt auf den Stadtbalkon. Sie ist bei experimentellen Aufführungen auch von Musikern ( Fernorchester ) nutzbar. Der kleine Saal in der Kirchenapsis erhält einen Nebeneingang vom Vorplatz Viktoriastraße. Er ist unabhängig nutzbar, kann aber auch dem Multifunktionssaal als Hinterbühne dienen. (Raumakustik siehe Akustisches Konzept )
Der Stadtbalkon
Zwei Treppenanlagen führen auf den Stadtbalkon. Er verbindet die beiden Stadträume Kirchplatz und Vorplatz Viktoriastraße und macht auch Nichtkonzertgänger interessiert, sich dem Musikzentrum zu nähern. Neben seiner Aufgabe als Pausen- und Sektterrasse bietet er Raum für Open-Air-Events. Dies können Veranstaltungen „Zwischen den Häusern“ sein, also zwischen Saalbau und Kirche, oder Konzerte auf der großen Freitreppe mit dem Kirchplatz als Bühne. Der Stadtbalkon unterstreicht die Offenheit des neuen Musikzentrums im Viktoriaquartier und fordert auf, sich das Haus anzueignen und zu „bespielen“.
Zur Architektur
Der Saalbau schmiegt sich im Erdgeschoss an den Sockelbereich der Kirche an. Die aufstrebenden und gestaltprägenden Fenster des Kirchenschiffes bleiben frei von jedem Anbau. Mit dieser architektonischen Geste wird die Zusammengehörigkeit von alt und neu offensichtlich, ohne dass die Gebäudeteile mit ihrer individuellen Architektur „verschmieren“. Der markante und fernwirksame Kirchturm bleibt im Stadtraum präsent. Über dem gemeinsamen Sockelgeschoss entwickelt sich der Stadtbalkon. Der Neubau wird hier zur öffentlichen Bühne und lässt Einblicke tief ins Gebäudeinnere zu. Der Vorhang aus filigranen, keramischen Profilen löst sich auf – das massive, monolithische Saalvolumen tritt in Erscheinung. Die vorgelagerte Glashaut kann hier über Holographien zum Werbeträger für Programme und Veranstaltungshinweise werden.
Der Kirchenbau bleibt, von kleinen Eingriffen abgesehen, unberührt. Dach und Fassaden werden, wo nötig, denkmalgerecht saniert.
Das neue Haus wirbt für sich und die Musik durch seine Offenheit, Transparenz und das Angebot,
das Ensemble spielerisch zu erfahren. Gleichzeitig bietet es ein in Qualität und Atmosphäre breit gefächertes Spektrum an Spielstätten – vom großen Saal für musikalische „Hochkultur“ über den Multifunktionssaal bis zur Open-Air-Bühne für den ambitionierten Straßenmusiker oder die Rockband.
Das neue Musikzentrum ist ein Spielort für alle, die Musik mögen und machen und wesentlicher, im besten Fall identitätsstiftender Stadtbaustein für Bochum und das Viktoriaquartier.
Tragwerkskonzept
Allgemeine Baubeschreibung
Im Rahmen des Architekturwettbewerbs „Musikzentrum Bochum“ soll ein Entwurf für ein neues Musik- und Kulturzentrum im ViktoriaQuartier gefunden werden. Es ist vorgegeben, die vorhandene Marienkirche in den Entwurf einzubeziehen - vorzugweise ist in ihr ein Multifunktionssaal unterzubringen. Als zweiter Baukörper ist ein Konzertsaal geplant, der über ein Foyer mit der Marienkirche in Verbindung steht.
Der vorliegende Entwurf sieht den Multifunktionssaal als „Haus im Haus“ – Konzept in der Marienkirche vor, um zum einen eine konstruktive Entkopplung vom Gebäudebestand zu gewährleisten, aber auch um eine optimale schalltechnische Trennung zwischen den Baukörpern zu gewährleisten.
Der große Saal ist als liegender Quader konzipiert, wobei die Zuschauerplätze auf das Parkett, das Hochparkett und zwei übereinanderliegende Ränge aufgeteilt sind. Das Hochparkett sowie die beiden Ränge werden jeweils über Galerien erschlossen, sodass sich das Foyer in Erdgeschoss und drei weitere Galeriegeschosse aufteilt. Im darüber liegenden Geschoss ist, umlaufend um den Baukörper des Saals, das Technikgeschoss angeordnet.
Multifunktionssaal
Der Multifunktionssaal ist als klassisches „Haus im Haus“ konzipiert. Der quaderförmige Raum ist aus Schallschutzgründen als Massivbau in Stahlbetonbauweise geplant. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch Schall mit tieferen Frequenzen ausreichend gedämmt werden kann.
Die Ausbildung des „Saal - Deckels“ ist als Unterzugsystem vorgesehen, wobei aufgrund der räumlichen Gegebenheiten eine Ausführung in Ortbetonbauweise sinnvoller erscheint als eine Vorfertigung. Die Außenwände des Saals werden als tragende Wandscheiben ausgebildet.
Als Gründung innerhalb vorhandener Gebäude haben sich Mikro – Pfähle mit kleinen Durchmessern bewährt, die mittels kompakter Bohrgeräte auch innerhalb niedriger Kellerräume eingebaut werden können.
Doch auch innerhalb des nicht unterkellerten Kirchenschiffes ist eine Gründung mit Mikropfählen sinnvoll, da die kompakten Geräte zwischen den Pfeilern gut manövriert werden können und aufgrund des geringen Gewichts die vorhandene Substanz weniger stark beeinflussen.
Auch lassen sich die Pfähle aufgrund des geringen Durchmessers in ihrer Lage gut an vorhandene Bedingungen anpassen.
Die Lasteinleitung aus den Stahlbetonwänden in die Pfähle erfolgt über einen umlaufenden Pfahlkopfbalken aus Stahlbeton.
Aus Schallschutzgründen ist es je nach Beschaffenheit der Bodenplatte der Kirche sinnvoll, auch die neue Bodenplatte vom Bestand zu trennen und als freitragendes Element auszubilden. Auch hier ist eine Gründung über Mikropfähle denkbar.
Die horizontale Aussteifung erfolgt über die Stahlbetondecke des Saals sowie über die Wandscheiben.
Die massive Bauweise ermöglicht eine effiziente Trennung des neuen und des vorhandenen Bauwerks und so eine optimale schalltechnische Entkopplung. Der Massivbau gewährleistet im Gegensatz zu Schallschutzwänden in Leichtbau auch gute Schalldämmwerte bei tiefen Frequenzen und ist zur Erfüllung der hohen Anforderungen an die Qualität des Gebäudes alternativlos.
Zudem gewährleistet der Massivbau eine gute Möglichkeit für nachträgliche Befestigungen für spätere Einbauten aus Bühnen- und Beleuchtungstechnik, die nicht von Beginn an vorgesehen waren und steht daher auch für eine nachhaltige Materialwahl bei dieser Nutzung.
Großer Saal
Der große Saal ist ebenfalls als Massivbau geplant. Zur Überspannung des Saals ist eine Plattenbalkendecke aus Stahlbeton vorgesehen, die gleichzeitig als Dachkonstruktion dient.
Zur vertikalen Lastabtragung dienen in erster Linie die Umfassungswände des Saals die aus Schallschutzgründen ebenfalls aus Stahlbeton ausgebildet werden.
Auf diesen Wänden können dann die Galerien als auch die Geschossdecken der anliegenden Räume aufgelagert werden.
Zur vertikalen Lastabtragung im Bereich der Fassade kommen Stahl – Verbundstützen zum Einsatz. Sie ermöglichen schlanke Abmessungen bei gleichzeitiger Erfüllung der Anforderungen an den konstruktiven Brandschutz.
Die Ränge werden als Kragarme ausgeführt, sodass keine vertikalen Tragglieder die Sicht auf die Bühne beeinträchtigen. Als Auflager dienen die massiven Umfassungswände.
Aufgrund der vorhandenen Unterbauung des Platzes mit ehemaligen Luftschutzanlagen ist mit einer großen Mächtigkeit von Auffüllungen zu rechnen.
Gemäß Bodengutachten ist die Marienkirche mit einer Tiefgründung versehen, deren Aufstandsfläche mittels Schürfen nicht festgestellt werden konnte.
Es wird vermutet, dass die Gründung erst rund 4 m unter der derzeitigen Geländeoberfläche liegt. Diese Gründungsebene ist im Moment auch für den Neubau anzusetzen, sodass man - zumindest in den nicht unterkellerten Bereichen – eine Tiefgründung mittels Bohrpfählen vorsehen sollte. Aufgrund des vorhandenen Kuturschuttes ist eine verrohrte Bohrung ratsam.